Kohärente Atmung: Wie du mit 6 Atemzügen pro Minute Stress reduzierst und in Balance kommst

Das Bild zeigt eine Frau in Nahaufnahme. Sie hat die Augen geschlossen und scheint in Ruhe auf ihren Atem zu achten.

Stell dir vor, du könntest mit einer einfachen Atemtechnik dein Stresslevel senken, deine Nerven beruhigen und deine Entspannung fördern. Kohärente Atmung macht genau das möglich. In diesem Beitrag erfährst du, was hinter dieser Atemtechnik steckt, wie einfach sie funktioniert und wie du sie selbst anwenden kannst, um deinen Körper und Geist nachhaltig zu stärken.

Was ist kohärente Atmung?

Kohärente Atmung ist eine Atemtechnik, bei der du bewusst mit einer niedrigen Frequenz von etwa 6 Atemzügen pro Minute atmest.

Das bedeutet ca. 5 Sekunden einatmen, 5 Sekunden ausatmen.

Bei dieser Technik steht die Länge der Atemzüge im Fokus, nicht deren Tiefe.

Normalerweise macht ein Mensch durchschnittlich etwa 12-18 Atemzüge pro Minute. Stress bewirkt, dass die Atemfrequenz ansteigt und die Länge der Atemzüge abnimmt. Bewusst lange Atemzüge haben dagegen eine entspannende, beruhigende und harmonisierende Wirkung auf Leib und Seele.

Interessanterweise verfügen wir bereits über dieses Wissen und wenden es intuitiv an, wenn wir einer anderen Person, die gestresst, angespannt oder verängstigt ist, raten:

„Hey, atme am besten erst einmal tief durch – dann fühlst du dich sicher besser.“

Woher kommt kohärente Atmung?

Kohärente Atmung – auch resonante Atmung genannt – basiert auf jahrtausendealten Atempraktiken des Yoga (Pranayama) und wurde in den frühen 2000er Jahren durch Wissenschaftler wie Dr. Stephen Elliott und Dr. Richard Brown weiterentwickelt.

Welche Auswirkungen hat die kohärente Atmung?

Forschungsergebnisse belegen, dass die kohärente Atmung unter anderem das Autonome Nervensystem (ANS) beruhigt, die Hirndurchblutung verbessert und Herz, Blutkreislauf und Nervensystem in Einklang (Kohärenz) bringt und mit optimaler Effizienz zusammenarbeiten lässt.

Darüber hinaus wirkt die kohärente Atmung auch positiv bei Menschen mit Angstzuständen und Depressionen, wie James Nestor in seinem Beststeller Breath (Atmen – Neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens) beschreibt.

Selbst Menschen, die in Folge der Anschläge vom 11. September 2001 an chronischem und schmerzhaftem Husten – den sog. ground-glass-lungs – litten, konnten ihren körperlichen und seelischen Zustand durch regelmäßige Durchführung der kohärenten Atmung beträchtlich verbessern, wie James Nestor in seinem Buch ebenfalls schildert.

In Sachen Gesundheitsprävention sowie körperlicher und mentaler Selbststärkung punktet die kohärente Atmung besonders mit folgenden Wirkungen:

🎯 Reduziert Stress. Fördert die Entspannung.

Sobald du dich auf deine Atmung konzentrierst, entziehst du belastenden Gedanken deine Aufmerksamkeit und gewinnst Abstand. Die langen Atemzüge der kohärenten Atmung senken nachweislich den Spiegel des Stresshormons Cortisol in deinem Körper und signalisieren deinem Autonomen Nervensystem, dass du dich in Sicherheit befindest und der Kampf-oder-Flucht-Modus beendet werden kann.

🎯 Hilft beim Einschlafen

Vermutlich kennst du das: du gehst müde ins Bett und freust dich auf einen erholsamen Schlaf nach einem anstrengenden Tag. Doch der anstrengende Tag lässt dich nicht los, und dein Kopfkino gibt eine Spätvorstellung. Durch deine Gedanken kommst du nicht zur Ruhe, doch einfach abschalten kannst du sie auch nicht. Hier hilft dir die kohärente Atmung, deine Aufmerksamkeit aus deinem Kopf (Gedanken) und in deinen Körper (Atmung) zu lenken, vom Denken zum Fühlen zu wechseln und endlich zur Ruhe zu kommen.

🎯 Unterstützt die Verdauung

Die Verdauung wird durch das Autonome Nervensystem gesteuert. Dabei hat der Sympatikus – das Gaspedal des Körpers – eine aktivierende Wirkung. Mit der Aussage „Ich habe mächtig Schiss vor…“ beschreiben wir die Wirkung von Stress, Ärger und Angst auf unsere Verdauung sehr treffend. Der Parasympatikus – die Bremse des Körpers – hat dagegen eine beruhigende und stabilisierende Wirkung auf den Verdauungsapparat. Die langen Atemzüge der kohärenten Atmung stimulieren das parasympathische Nervensystem und stärken dadurch die Verdauung.

🎯 Fördert Klarheit und Selbstbewusstsein

Die kohärente Atmung durchzuführen ist gleichzeitig eine Achtsamkeitsübung. Achtsam sein bedeutet, sich des gegenwärtigen Moments gewahr zu sein. Und genau das tust du, wenn du deine Aufmerksamkeit auf deine Atmung richtest und jedem einzelnen Atemzug nachspürst. Achtsamkeit beruhigt und klärt deinen Geist und gibt dir die Chance, wieder besser mit dir in Kontakt zu kommen, anstatt wie ferngesteuert durch dein Leben zu hetzen.

🎯 Verbessert die emotionale Regulation

Die Fähigkeit, Gefühle zu regulieren, ist von herausragender Bedeutung für das persönliche Wohlbefinden und die erfolgreiche Bewältigung belastender Situationen. Atemübungen, wie die kohärente Atmung, können die emotionale Regulation wirkungsvoll und ohne großen Aufwand verbessern. Sie sind ein Werkzeug, das wir überall und jederzeit einsetzen können, um einen klaren Kopf zu bekommen, bewusstere Entscheidungen zu treffen, die emotionale Stabilität zu vergrößern und unsere Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu steigern.

Studien zur Herzratenvariabilität (HRV) – einem wichtigen Indikator für die Anpassungsfähigkeit des Körpers an Stress – zeigen, dass kohärente Atmung die HRV signifikant verbessert und dadurch Resilienz und Wohlbefinden steigert.

📖 Quelle: Brown RP, Gerbarg PL. „The Healing Power of the Breath“ (2012)

STOP – Meine Bitte an dich

Mach dir einmal kurz bewusst, was du gerade gelesen hast und was das für dich bedeuten kann!

6 Atemzüge in der Minute – eine simple Atemübung, die du überall und jederzeit einsetzen kannst, die dich nichts kostet und für die du nichts weiter benötigst, hilft dir beim Einschlafen, verbessert dein Verdauung, stärkt deine emotionale Regulation und deine Resilienz und fördert deine geistige Klarheit.

Gibt es einen einzigen Grund, der dagegen spricht, die Technik des kohärenten Atems zu einer täglichen Gewohnheit zu machen?

Ganz genau. Nein😉!

Gut, dann schauen wir uns jetzt an, wie du die Atemtechnik durchführst.

🚀 So geht’s – Anleitung für Einsteiger

Achtung – bitte genau lesen:

Grundsätzlich gilt für alle Atemübungen und Atemtechniken:

  • Lass dir Zeit, und übertreibe es nicht!
  • Gib deinem Körper Zeit, sich an die veränderte Atmung anzupassen.
  • Hab Geduld und erzwinge nichts. Der Schlüssel zum Erfolg ist Beständigkeit.
  • Achte auf dein Körpergefühl. Eine veränderte Atmung darf sich zu Beginn ungewohnt anfühlen.
  • Sie sollte sich aber nicht dauerhaft unangenehm, beengend oder verkrampft anfühlen.
  • Starte mit 3 Minuten pro Tag, und steigere dich allmählich auf 5-10 Minuten.

Und nun zur Anleitung:

Setze dich auf einen Stuhl. Sitz aufrecht und versuche deinen Rücken gerade zu halten. Achte darauf, dass du trotz der geraden Haltung locker bleibst.

Nimm dir einen Augenblick Zeit, um bei dir anzukommen. Schließe deine Augen, lausche und spüre in dich hinein. Spüre, wie deine Füße den Boden berühren. Beobachte das natürliche Fließen deines Atems. Entspanne dich.

Steigere nun allmählich die Länge deiner Atemzüge. Atme, wenn möglich, durch die Nase ein und aus. Dein Ziel ist es, ca. 5 Sekunden lang einzuatmen und ca. 5 Sekunden lang auszuatmen. Das ergibt etwa 6 Atemzüge in der Minute.

💥 Bitte beachte: Dein Ziel ist eine lange Atmung. Nicht eine besonders tiefe Atmung. Es geht nicht darum, deine Lungen bei der Ein- und Ausatmung maximal zu füllen und zu leeren. Es geht darum, ruhig, konstant und ohne Anstrengung ein- und auszuatmen.

Halte den kohärenten Atem für 3-10 Minuten aufrecht. Wie lange du die Atemtechnik anwendest, entscheidest du selbst. Abhängig von deiner aktuellen Verfassung und der Zeit, die du zur Verfügung hast, kann die Dauer variieren. Optimal ist eine zwischen 5-10 Minuten, aber auch kürzere Einheiten sind ganz sicher gewinnbringend für dich!

Spüre nach. Beende die Atemübung nicht von jetzt auf gleich. Lass sie stattdessen lieber langsam ausklingen. Normalisiere deine Atmung wieder, und beobachte sie noch ein wenig. Spüre in dich hinein, genieß das Gefühl der Ruhe und Entspannung, und kehre dann gestärkt in deinen Alltag zurück.

📌 Tipp: Was passiert, wenn du abgelenkt warst und aus dem Takt gekommen bist? Gar nichts! Mach dir keinen Stress in solchen Situationen. Wenn du zum Beispiel durch einen Gedanken abgelenkt wurdest, freu dich, dass dir das aufgefallen ist, und führe deine Aufmerksamkeit sanft zurück auf deine Atmung.

Zusammenfassung: Das Wichtigste auf einen Blick

● Die kohärente Atmung ist eine einfache Atemtechnik, die jederzeit und überall auch von Personen durchgeführt werden kann, die keinerlei Erfahrungen mit speziellen Atemtechniken haben.

● Die kohärente Atmung – auch resonante Atmung genannt – basiert auf jahrtausendealten Atempraktiken des Yoga (Pranayama).

● Die Technik kurz und knapp: Lange Ein- und Ausatmung (jeweils etwa 5 Sekunden lang) ergibt eine ruhige Atemfrequenz von etwa 6 Atemzügen pro Minuten.

● Die Länge der Atemzüge ist entscheidend bei dieser Atemtechnik. Nicht die Tiefe!

● Die vielen gesundheitsfördernden Auswirkungen des kohärenten Atmens sind wissenschaftlich gut belegt.

● Zu den wichtigsten Wirkungen zählen: bessere Stressbewältigung, emotionale Regulation und Entspannungsfähigkeit, wirksam bei Angstzuständen und Depression, fördert Achtsamkeit, Klarheit und Selbstbewusstsein, stärkt die Verdauung, unterstützt die Regulation von Entzündungsprozessen und hilft beim Einschlafen.

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2 thoughts on “Kohärente Atmung: Wie du mit 6 Atemzügen pro Minute Stress reduzierst und in Balance kommst”

  1. Hallo Arne,
    stark…toller Tipp…ich probiere es aus…habe dafür genug Zeit auf dem Weg zur und von der Arbeit im Zug. Herrlich…uns wurde alles mitgegeben…und das kostenfrei von der Natur, wir müssen es NUR wissen, nutzen und anwenden. Schön, dass es Dich gibt, ich finde Deine Tipps sehr wertvoll und nützlich. DANKE! Ich wertschätze Deine Tipps sehr, was in Selbstverständlichkeit geschieht (für Dich), aber nicht selbstverständlich ist.
    Bleib gesund!
    Viele Grüße Anke

    1. Hey Anke, herzlichen Dank für dein Feedback. Du hast absolut recht. Es gibt wirklich eine Menge wertvolle Werkzeuge, die schon da sind, und die wir „einfach“ nur regelmäßig nutzen müssten. Vielen Dank auch für deine Wertschätzung meiner Arbeit – darüber habe ich mich sehr gefreut! Viele Grüße und viel Erfolg bei der Umsetzung der kohärenten Atmung. Bis bald, Arne

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